Tag 63 – Bella Italia – Reggio Emilia (II)


Auf geht’s zur zweiten und dritten Runde in Reggio Emilia!

 

 

2.Runde:

Nakamura – Caruana remis
Ein ziemlich ‚zähes Geschiebe‘ ohne größere Höhepunkte – folgerichtig Remis.

Ivantchuk – Vitiugov remis
Da ist dieses Remis doch bei weitem spannender. Nach verhaltener Eröffnung, beginnt Ivanchuk mit 17.d5!? zu zündeln – nicht ohne Risiko auf der geschwächten Diagonalen h1-a8.

Es kommt zu einer instruktiven taktischen Abwicklung, die in einem ’schwierigen Materialverhältnis‘ mündet – zwei Springer gegen Turm und 2 Bauern. Das Remis kommt ein wenig früh, aber vielleicht war der Respekt vor der ‚komplexen Materie‘ auf beiden Seiten doch zu groß.

 

Giri – Morozevich 0-1
Die einzige Entscheidung des Tages hat es in sich! Giri legt den ‚Slawen‘ scharf (zu scharf?) an und belässt seinen König sehr optimistisch im Zentrum. Doch Morozevich stemmt das Zentrum mit ‚brachialer Gewalt‘ auf und ‚erlegt‘ kurzerhand den hilflosen König.

 

Stand nach der 2.Runde
Platz Name Punkte
1. Morozevich 6
2. Nakamura 4
3. Ivanchuk 2
4.-6. Giri 1
4-6. Caruana 1
4.-6. Vitiugov 1

 

3.Runde:

Morozevich – Nakamura remis
Wie nicht anders zu erwarten ‚rauchen‘ die beiden Führenden schnell die ‚Friedenspfeife‘ – belangloses Remis, nicht weiter erwähnenswert.

Vitiugov – Giri remis
Wenig Aufregendes bietet auch diese Partie – nach dem schlechten Turnierstart, agieren die Kontrahenten eher vorsichtig und ‚landen‘ alsbald in einem völlig gleichen Endspiel. Das Risiko bleibt auf ‚Sparflamme‘ – Shake-Hands nach 41 Zügen.

Caruana – Ivanchuk 0-1
Und auch die dritte Begegnung scheint lange Zeit auf ein Remis hinauszulaufen – doch erneut wird Caruana zum tragischen Helden, als er ein ausgeglichenes Leichtfigurenendspiel in ein ‚unsägliches‘ Bauernendspiel abwickelt.

 

Stand nach der 3.Runde
Platz Name Punkte
1. Morozevich 7
2./3. Nakamura 5
2./3. Ivanchuk 5
4./5. Giri 2
4./5. Vitiugov 2
6. Caruana
1

 

Tag 60 – Bella Italia – Reggio Emilia (I)

Hier nun der erste Bericht zum Superturnier in Reggio Emilia.

Zu Beginn gibt’s gleich zwei Entscheidungen – und die ‚Favoriten‘ Morozevich und Nakamura wollen wohl direkt einmal die ‚Hackordnung‘ festlegen – obwohl bei ‚Moro‘ war das alles andere als überzeugend…

1.Runde:

Ivanchuk – Giri remis
Ivanchuk bringt eine interessante Neuerung und lässt unverzüglich ein Figurenopfer folgen. Das spektakuläre taktische Scharmützel endet zunächst mit einem Qualitätsgewinn ‚Chucky’s‘ (ist das eigentlich zu respektlos, wenn ich die Meister beim Spitznamen nenne? 😉 ). Doch sein eingeklemmter Springer macht ihm Sorgen und ehe er verlorengeht, wird er mit Hilfe eines Qualitätrückopfers befreit. Das abschließende Endspiel bleibt Remis.

Vitiugov – Nakamura 0-1
Auftaktsieg für Nakamura mit Schwarz gegen den zweiten russischen Vertreter, und zugegeben mir bis dato relativ unbekannten, Nikita Vitiugov.

Im Damengambit ’schiebt‘ Nakamura seinen c-Bauern frühzeitig nach c4 und überraschenderweise ist es gerade dieser lästige Bauer, gegen den Vitiugov kein rechtes Mittel findet – ja, dieser Bauer entscheidet sogar die Partie! Der Versuch mittels Bauernopfer die Initiative zu erhöhen scheitert doch recht kläglich. Mit einem listigen taktischen Manöver wickelt Nakamura schließlich in ein klar gewonnenes Endspiel ab.

Caruana – Morozevich 0-1
Ebenfalls ein guter Start für Mitfavorit Morozevich – aber was für ein glücklicher Sieg, mehr ein Geschenk seitens Caruana!

Nach einer ‚Endlos-Theorievariante‘ im ‚Tschigorin-Spanier‘  (‚modern‘ auch Zaitsev-Variante genannt), erhält ‚Moro‘ die Initiative und opfert hierfür vorübergehend einen Bauern. Caruana gibt alsbald diesen Bauern zurück, um seine Entwicklung abschließen zu können. Zunächst sieht es daraufhin sehr günstig für Morozevich aus, da er über einen Freibauern vefügt, als er unverständlicherweise (für mich zumindestens 😉 ), einen gedeckten Freibauern zulässt, dennoch scheint sich die Partie noch im Gleichgewicht zu halten.

Plötzlich jedoch stellt Morozevich seinen Trumpf, den Freibauern ein (war’s die Zeitnot?) und Caruana erhält eine glatte Gewinnstellung. Immerhin gelingt es Morozevich die Lage kompliziert zu halten – und tatsächlich, Caruana strauchelt, dabei gab es eine tolle Gewinnabwicklung!

Stand nach der 1.Runde
Platz Name Punkte
1./2. Morozevich 3
1./2. Nakamura 3
3./4. Ivanchuk 1
3./4. Giri 1
5./6. Caruana 0
5./6. Vitiugov 0

 

Tag 33 – Kramnik gewinnt London Chess Classics

Die London Chess Classics 2011 sind zu Ende – schade – hat wirklich Spass gemacht.

And the winner is – Vladimir Kramnik.

Die Schlussrunde hat es noch einmal in sich!
Kramnik verlegt sich erwartungsgemäß alsbald aufs Zusehen, Carlsen kämpft und versucht noch aufzuschließen, was gänzlich mißlingt und Nakamura präsentiert sich zum Abschluss erneut als ‚Taktik-Monster‘, was neben dem Sieg noch die ‚Silbermedaille‘ einbringt.

 

9.Runde:
McShane – Anand remis
Da beide Spieler praktisch nicht mehr in den Endkampf eingreifen können, ist hier schnell die ‚Luft raus‘. Anand bringt eine ‚rock-solid‘-Caro-Kann-Variante an, die nicht zu knacken ist.

Kramnik – Aronian remis
Auch Kramnik lässt nichts mehr ‚anbrennen‘, spielt konsequent auf Remis und sichert somit den Turniersieg. Doch wird’s der Alleinige? Dieses ‚Schicksal‘ legt er damit in die Hände von Nigel Short…

Short – Carlsen remis
Tja, die Vorzeichen sind klar – nur mit einem Sieg kann Carlsen noch um den Gesamtsieg mitspielen. Aber – hier spielt Short nicht mit. Statt ’seines explosiven‘ Königsgambits, serviert er dieses Mal so mit das Langweiligste, was es gibt – Italienisch ‚Giuoco Piano‘.

Die ‚Einschläferungstaktik‘ scheint aufzugehen, denn trotz größtem Bemühens erreicht Carlsen erstaunlicherweise nie ganz den Ausgleich und muss sich gar noch ewig mit einem Bauern weniger in einem Turmendspiel ‚quälen‘ lassen – was für eine Demütigung…
Immerhin kann er das Schlimmste verhindern und erreicht das Remis.

Nakamura – Adams
Ja, Nakamura will es noch einmal wissen. Und wie – denn dieses Mal überrascht er mit dem riskanten Königsgambit. Durch die Ereigenisse der ‚Nebenbretter‘ zusätzlich angestachelt, wittert er seine Chance auf Platz 2 und erreicht eine Stellung genau nach seinem Geschmack – Chaos hoch drei…
(Für alle diejenigen, die sich wie ich zunächst fragten: „Warum hat Adams denn aufgegeben?“ Kleiner Tipp – in der Schlußstellung droht ein gewisser Damenzug… – na, kommt jetzt das ‚Aha’…?)

Tag 28 – London Calling – …in-between times…


Hier meine kleine Zwischenbilanz nach 4 Runden von den London Chess Classics 2011.

Natürlich ist mir bewusst, dazu nicht ‚angemessen befähigt‘ zu sein, aber es gibt ja auch 80 Millionen Bundestrainer, oder? 😉

 

Ganz klar, bisher hält das Turnier das, was das Teilnehmerfeld verspricht!
Es wird gekämpft, niedrige Remisquote, das Kommentarenteam ist wieder spitze – Schachfan, was willst du mehr!

Auch die ‚Neuerung‘ eines aussetzenden Spielers, der dann als Kommentator fungiert, finde ich sehr interessant – war das eigentlich Absicht oder ist ein Spieler ausgefallen – weiß ich gar nicht…?

Eines habe ich aber nicht recht verstanden – Boris Becker als‘ Pate‘ der ersten Runde? Wusste gar nicht, dass er des Schachspiels mächtig ist…? (Na, na, na – ein Schelm, wer Böses dabei denkt… 😉 )

Nun aber ‚in medias res’…

1.Runde
Adams – Anand remis
Kramnik – Nakamura remis
Zwei eher farblose Remis, nicht näher erwähnenswert.

Aronian – McShane remis
So spannend kann ein Remis auch sein! Klasse Kampfschach – McShane ist einfach nicht bereit, auch nur 1 Millimter preiszugeben. Erst ein Qualitätsopfer (25.c6) , dann noch ein Damenopfer (31.c7) obendrauf, doch immer ‚hart‘ am dynamischen Gleichgewicht – starke Partie auf hohem Niveau!

Carlsen – Howell 1-0
Für mich die Partie des Tages! Das positionelle Bauernopfer 16.e5 ist wirklich beeindruckend – was für eine Harmonie die weißen Figuren (vor allem Springer und Läufer) danach ausstrahlen – zum Schwärmen:

2.Runde
Howell – Adams remis
Wahrlich nicht uninteressant – zwischenzeitlich kommt es zur Konstellation Springerpaar gegen Läuferpaar, zudem weißes Freibauernpaar gegen gefährlichen schwarzen Randfreibauer.  Endet mit Zugwiederholung in Zeitnot.

McShane – Carlsen remis
Carlsen bringt ein frühes, wohl zweifelhaftes Bauernopfer. Die Initiative verflüchtigt sich und McShane spielt auf Sieg. Ganz sicher – ‚irgendwo‘ hat er den Gewinn verpasst – Carlsen im Glück.

Nakamura – Aronian 1-0
Da hatte Aronian wohl nicht seinen besten Tag erwischt, denn das Qualitätsopfer nach 24.Sg6+ war sicherlich noch berechtigt – immerhin erhält er zwei Bauern als Kompensation. Doch er setzt nicht gerade überzeugend fort, büßt beide Bauern ein und Nakamura bringt die Qualität ’sicher nach Hause‘.

Short – Kramnik 0-1
Partie des Tages! Solche ‚technischen‘ Endspiele beherrscht Kramnik wie kein Zweiter – unnachahmlich wie er Short’s eingesperrten Läufer auf b3 (wirklich ‚ein Ritter der traurigen Gestalt‘) ausnutzt:

3.Runde
Anand – Howell remis
Eine erstaunlich ’saftlose‘ Vorstellung des Weltmeisters. Er müht sich zwar redlich, aber irgendwie ohne Durchschlagskraft – am Ende muss er sich gar noch ein wenig fürs Remis ’strecken‘.

Aronian – Short 1-0
Armer Short – eine völlig unnötige Niederlage. Zunächst schafft er es recht geschickt, sich aus einer sehr unangenehmen ‚c-Linien-Repression‘ zu befreien und sich in ein annähernd gleiches Endspiel zu flüchten. Doch hier agiert er, wahrscheinlich in Zeitnot, ‚panisch‘, verliert einen Bauern, den Aronian sehenswert zum Sieg führt.

Adams – McShane 0-1
Irgendwie eine eigenartige Partie – nach einem eher belanglosen Eröffnungsgeplänkel, ‚haut‘ McShane plötzlich mit seinem Läufer auf h3 rein. Der völlig perplexe Adams getraut sich aber nicht dieses äußerst spekulative Opfer anzunehmen und bleibt kompensationslos im Hintertreffen. Seine Bemühungen noch taktische Verwickelungen herbei zu führen, fruchten nicht und er unterliegt schließlich im Bauernendspiel.

Carlsen – Nakamura 1-0
Für mich spielt Carlsen erneut die beste Partie des Tages.
Es ist schon immer wieder verblüffend, welche Dynamik er aus scheinbar ‚langweiligen‘ Positionen plötzlich entwickeln kann. Und sein Qualitätsopfer (31.Txf6) ist einfach klasse!

4.Runde
Carlsen – Kramnik remis
Mit eiserner Disziplin geht Kramnik auf ‚Remiskurs‘ und blockt jegliches Bemühen Carlsens konsequent ab. Dennoch ist es erstaunlich, wie Carlsen es schafft auch aus der ‚remislisten‘ Stellung noch etwas heraus zu kitzeln – aber Kramnik bleibt auf der Hut und entgeht allen ‚Verführungen‘.

Anand – Nakamura 0-1
Der Eindruck bezüglich Anands aus der 3.Runde täuschte nicht – was ist nur mit dem Weltmeister los? Konditionsprobleme?
Da überspielt er zunächst eindrucksvoll Nakamura’s Königsinder, um dann unerklärlicherweise Zug um Zug die Kontrolle zu verlieren und in einer hoffnungslosen Stellungsruine zu enden. Irgendwie traurig mitanzusehen – hoffentlich ‚kriegt‘ er noch die ‚Kurve’…

Howell – McShane 0-1
Howell agiert irgendwie unglücklich – zu Beginn der Partie hat er ein ordentliches positionelles Plus. Doch nach der völlig überflüssigen Abgabe des Läuferpaares (28.Lxa5), nimmt das Unheil seinen Lauf. Urplötzlich verlässt er den positionelle ‚Pfad‘ und stürzt sich mit Hilfe eines Damenopfers ‚kopfüber‘ in ein taktisches Scharmützel. Doch McShane bleibt cool,‘ umschifft ein paar Klippen‘ (ok, Howell hilft noch kräftig mit) und holt den ganzen Punkt. Mut wird halt doch nicht immer belohnt…

Adams – Short 0-1
Short is back! Nach zwei deprimierenden Endspielniederlagen, nun ein schön herausgespielter Sieg – auch hier führt ein kluges Qualitätsopfer (45…Txe3) zur Entscheidung.

Heute geht’s weiter – man darf gespannt sein…