Tag 32 – Nachsitzen in Sachen London – Runden 7 und 8

Schnell noch der Rückblick auf die Runden 7 und 8, ehe es heute zur spannenden Schlussrunde in London kommt.

Mit seinem Doppelschlag hat sich Kramnik nun durch die 3-Punkte-Regelung plötzlich an die Tabellenspitze katapultiert.

Wird ‚King‘ Carlsen es sich bieten lassen, dass Kramnik ihm den Titel wegschnappt? Man darf gespannt sein…

7.Runde:
Aronian – Anand remis
Großmeisterremis – will Aronian sich jetzt ‚durchremisieren’…?

Short – McShane 0-1
Short sorgt ‚mal wieder für die Show, leider auf eigene Kosten – denn er ‚packt‘ das ‚alt-ehrwürdige‘ Königsgambit aus. Auf diesem Niveau gleicht das beinahe einem Harakiri, oder?
Und in der Tat – McShane schüttelt die ‚kleine‘ Initiative Short’s locker ab und bringt das Endspiel mit Mehrbauern leicht ’nach Hause‘. Böse Zungen behaupten aber, dass hier der einzig gut spielende Engländer ‚gepusht‘ werden sollte. Nein, so was würden wir nie denken…

Carlsen – Adams 1-0
Eine tragische Runde für Adams, wahrlich nicht sein Turnier. Zwar ‚krallt‘ sich Carlsen relativ früh das Läuferpaar, um dann aber eine ‚halbe Ewigkeit‘ auf einem ‚krüppeligen Eckläufer‘ hängenzubleiben. Das Gleichgewicht war wohl nie wirklich gestört, bis zu Adams verhängnisvollen 35.Zug Sc4??, der eine Figur und somit natürlich direkt die Partie einstellt.

Kramnik – Howell 1-0
Eine spannende Partie und wieder eine ’saubere‘ Leistung Kramniks, obwohl – beide in der kuriosen Schlußstellung eine ‚Kleinigkeit‘ übersahen…

8.Runde:
Anand – Carlsen remis
Sicheres Remis, nicht besonders aufregend. Carlsen erobert zwar im Endspiel einen Bauern, aber Anands aktiver Turm hält das Gleichgewicht.

Howell – Aronian remis
Da denkt man gegen Schlusslicht Howell will es Aronian noch einmal wissen – aber mitnichten. Seine Pirc-Verteidigung bringt ihm sogar einige Unannehmlichkeiten ein. Er windet sich jedoch heraus und wickelt in ein ausgeglichenes Endspiel ab. Hier büsst Howell, mal wieder in großer Zeitnot, zwar einen Bauern ein, rettet sich schließlich aber doch noch ins Remis.

Nakamura – Short remis
Was wollte Nakamura denn mit dieser Partieanlage bezwecken? Alles ‚verriegelt und verrammelt‘ und bis zum 30.Zug (!) wird nicht eine Figur geschlagen. Und so ‚quält‘ man sich 90.Züge (!) lang – mit Verlaub, besonders sinnvoll war das nicht…

McShane – Kramnik 0-1
Ganz klar, der große Sieger des Tages heißt Kramnik mit seinem Schwarzsieg gegen den englischen’Überflieger‘ McShane. In einer sehr spannenden Partie riskiert McShane mit seinem Qualitätsopfer (24.Txf4) alles und – scheitert.

Tag 28 – London Calling – …in-between times…


Hier meine kleine Zwischenbilanz nach 4 Runden von den London Chess Classics 2011.

Natürlich ist mir bewusst, dazu nicht ‚angemessen befähigt‘ zu sein, aber es gibt ja auch 80 Millionen Bundestrainer, oder? 😉

 

Ganz klar, bisher hält das Turnier das, was das Teilnehmerfeld verspricht!
Es wird gekämpft, niedrige Remisquote, das Kommentarenteam ist wieder spitze – Schachfan, was willst du mehr!

Auch die ‚Neuerung‘ eines aussetzenden Spielers, der dann als Kommentator fungiert, finde ich sehr interessant – war das eigentlich Absicht oder ist ein Spieler ausgefallen – weiß ich gar nicht…?

Eines habe ich aber nicht recht verstanden – Boris Becker als‘ Pate‘ der ersten Runde? Wusste gar nicht, dass er des Schachspiels mächtig ist…? (Na, na, na – ein Schelm, wer Böses dabei denkt… 😉 )

Nun aber ‚in medias res’…

1.Runde
Adams – Anand remis
Kramnik – Nakamura remis
Zwei eher farblose Remis, nicht näher erwähnenswert.

Aronian – McShane remis
So spannend kann ein Remis auch sein! Klasse Kampfschach – McShane ist einfach nicht bereit, auch nur 1 Millimter preiszugeben. Erst ein Qualitätsopfer (25.c6) , dann noch ein Damenopfer (31.c7) obendrauf, doch immer ‚hart‘ am dynamischen Gleichgewicht – starke Partie auf hohem Niveau!

Carlsen – Howell 1-0
Für mich die Partie des Tages! Das positionelle Bauernopfer 16.e5 ist wirklich beeindruckend – was für eine Harmonie die weißen Figuren (vor allem Springer und Läufer) danach ausstrahlen – zum Schwärmen:

2.Runde
Howell – Adams remis
Wahrlich nicht uninteressant – zwischenzeitlich kommt es zur Konstellation Springerpaar gegen Läuferpaar, zudem weißes Freibauernpaar gegen gefährlichen schwarzen Randfreibauer.  Endet mit Zugwiederholung in Zeitnot.

McShane – Carlsen remis
Carlsen bringt ein frühes, wohl zweifelhaftes Bauernopfer. Die Initiative verflüchtigt sich und McShane spielt auf Sieg. Ganz sicher – ‚irgendwo‘ hat er den Gewinn verpasst – Carlsen im Glück.

Nakamura – Aronian 1-0
Da hatte Aronian wohl nicht seinen besten Tag erwischt, denn das Qualitätsopfer nach 24.Sg6+ war sicherlich noch berechtigt – immerhin erhält er zwei Bauern als Kompensation. Doch er setzt nicht gerade überzeugend fort, büßt beide Bauern ein und Nakamura bringt die Qualität ’sicher nach Hause‘.

Short – Kramnik 0-1
Partie des Tages! Solche ‚technischen‘ Endspiele beherrscht Kramnik wie kein Zweiter – unnachahmlich wie er Short’s eingesperrten Läufer auf b3 (wirklich ‚ein Ritter der traurigen Gestalt‘) ausnutzt:

3.Runde
Anand – Howell remis
Eine erstaunlich ’saftlose‘ Vorstellung des Weltmeisters. Er müht sich zwar redlich, aber irgendwie ohne Durchschlagskraft – am Ende muss er sich gar noch ein wenig fürs Remis ’strecken‘.

Aronian – Short 1-0
Armer Short – eine völlig unnötige Niederlage. Zunächst schafft er es recht geschickt, sich aus einer sehr unangenehmen ‚c-Linien-Repression‘ zu befreien und sich in ein annähernd gleiches Endspiel zu flüchten. Doch hier agiert er, wahrscheinlich in Zeitnot, ‚panisch‘, verliert einen Bauern, den Aronian sehenswert zum Sieg führt.

Adams – McShane 0-1
Irgendwie eine eigenartige Partie – nach einem eher belanglosen Eröffnungsgeplänkel, ‚haut‘ McShane plötzlich mit seinem Läufer auf h3 rein. Der völlig perplexe Adams getraut sich aber nicht dieses äußerst spekulative Opfer anzunehmen und bleibt kompensationslos im Hintertreffen. Seine Bemühungen noch taktische Verwickelungen herbei zu führen, fruchten nicht und er unterliegt schließlich im Bauernendspiel.

Carlsen – Nakamura 1-0
Für mich spielt Carlsen erneut die beste Partie des Tages.
Es ist schon immer wieder verblüffend, welche Dynamik er aus scheinbar ‚langweiligen‘ Positionen plötzlich entwickeln kann. Und sein Qualitätsopfer (31.Txf6) ist einfach klasse!

4.Runde
Carlsen – Kramnik remis
Mit eiserner Disziplin geht Kramnik auf ‚Remiskurs‘ und blockt jegliches Bemühen Carlsens konsequent ab. Dennoch ist es erstaunlich, wie Carlsen es schafft auch aus der ‚remislisten‘ Stellung noch etwas heraus zu kitzeln – aber Kramnik bleibt auf der Hut und entgeht allen ‚Verführungen‘.

Anand – Nakamura 0-1
Der Eindruck bezüglich Anands aus der 3.Runde täuschte nicht – was ist nur mit dem Weltmeister los? Konditionsprobleme?
Da überspielt er zunächst eindrucksvoll Nakamura’s Königsinder, um dann unerklärlicherweise Zug um Zug die Kontrolle zu verlieren und in einer hoffnungslosen Stellungsruine zu enden. Irgendwie traurig mitanzusehen – hoffentlich ‚kriegt‘ er noch die ‚Kurve’…

Howell – McShane 0-1
Howell agiert irgendwie unglücklich – zu Beginn der Partie hat er ein ordentliches positionelles Plus. Doch nach der völlig überflüssigen Abgabe des Läuferpaares (28.Lxa5), nimmt das Unheil seinen Lauf. Urplötzlich verlässt er den positionelle ‚Pfad‘ und stürzt sich mit Hilfe eines Damenopfers ‚kopfüber‘ in ein taktisches Scharmützel. Doch McShane bleibt cool,‘ umschifft ein paar Klippen‘ (ok, Howell hilft noch kräftig mit) und holt den ganzen Punkt. Mut wird halt doch nicht immer belohnt…

Adams – Short 0-1
Short is back! Nach zwei deprimierenden Endspielniederlagen, nun ein schön herausgespielter Sieg – auch hier führt ein kluges Qualitätsopfer (45…Txe3) zur Entscheidung.

Heute geht’s weiter – man darf gespannt sein…