Tag 1223 – Schach von Regeln erstickt oder von einem Querulanten und dem Amtsschimmel…

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NRW-U12-Mannschaftsmeisterschaft in Bochum

Ehe hier in den nächsten Tagen ein ausführlicher, hoffentlich ‚positiverer‘ Bericht folgt, möchte ich vorab folgende sehr unerfreuliche Begebenheit mal zur Diskussion stellen– wie ist eure Meinung?

Tatort: Bochum – Quali-NRW-U12-Mannschaftsmeisterschaft 

Was ist passiert?

Beim Stande von 1:1 beobachte ich die restlichen beiden Partien, da flüstert mir Silas plötzlich kaum vernehmbar zu: ‚War da nicht vorhin mal Matt in eins bei Max?‘ Ich mach‘ nur ‚Pst‘, doch zu spät! Wie ein ‚Schießhund‘ kommt der gegnerische Betreuer aus dem ‚Gebüsch gesprungen‘: „Was wurde hier gesprochen?“ Ich gebe ihm den Sachverhalt ‚mehr kumpelhaft schmunzelnd‘ ehrlich wieder – und bin ziemlich fassungslos, dass dieser nichts Besseres zu tun hat, als schnurstracks zur Turnierleitung zu marschieren, um einen Protest wegen ‚Reinredens‘ loszuwerden.

Lächerlich – dachte ich… – aber dass das ‚Schiedsgericht‘ der Argumentation dieses Paragraphenreiters tatsächlich folgt, es nicht bei einer Ermahnung des ‚Flüsterers‘ belässt, sondern das Nachbarbrett der völlig ahnungslosen Spieler unverzüglich ’nullt‘, macht mich zunächst ziemlich sprachlos und dann richtig wütend!

Die anschließende Diskussion mit dem gegnerischen Betreuer war dann einigermaßen sinnlos – das Wort Vernunft scheint in seinem Vokabular nicht vorzukommen. 😉
Wie durch die Turnierleitung bestätigt, war er während des Turniers mehrfach ‚auffällig‘ geworden, um sich auf diese Weise Punkte für seine Mannschaft zu ‚ergaunern‘. Was für ein edles Vorbild! 😉 – Nein, das ist nicht besonders clever, das ist einfach nur armselig und peinlich.

Aber zurück zu den Schiedsrichtern, bei denen ich doch auf mehr Einsicht gehofft hätte… – verlangen diese allen Ernstes, dass 7-11jährige Kinder des gut 30 Seiten starken Paragraphendschungels des FIDE-Reglements mächtig sind? Kommt ‚Leute‘, wir sind hier bei enem U12-Turnier und nicht bei einer Weltmeisterschaft! ‚Gelbe Karte‘, ok, aber doch nicht direkt ’nullen‘!

Mal ehrlich, worum geht es denn eigentlich – dass die Kinder Freude am Spiel haben, oder? Aber durch übermotiviertes Eingreifen von Betreuern und Schiedsrichtern ohne Fingerspitzengefühl wird ihnen das gründlich verdorben – schade und völlig unnötig.

Um eines klarzustellen – es geht nicht um diese eine Partie im Speziellen, sondern möchte ich generell eine etwas ‚menschlichere‘ Auslegung der Regeln anregen – den Kindern zuliebe und um solchen unsäglichen Querulanten die Grundlage zu entziehen.

Wie gesagt, Diskussionsbeiträge sind gerne erwünscht… 😉

3 Gedanken zu „Tag 1223 – Schach von Regeln erstickt oder von einem Querulanten und dem Amtsschimmel…“

  1. Nun, grundsätzlich gilt, daß die Regeln zum Spiel gehören. Ein Verstoß gegen die Regeln zieht dem entsprechend Sanktionen (Strafen) nach sich. Das sind Dinge , die auch Kinder und Jugendliche schon lernen sollten.
    Allerdings bedeutet nicht jedes Vergehen gleich Partieverlust. Nach der Beschreibung des Situation liegt hier meiner Meinung nach, gemäß Artikel 12.7, ein Fall von „Reden über eine Partie“ vor, und kein Hineinreden. Selbst beim Hinreinreden hat der Schiedsrichter einen Ermessensspielraum in Bezug auf das Strafmaß und kann eine andere Strafe als Partieverlust verhängen. Das hängt von verschiedenen Bedingungen ab.
    In anbetracht der Tatsache, daß es sich um ein Jugendturnier handelt, ist zudem die Jugendspielordnung relevant. Dort steht u.a. kurz zusammengefaßt drin, daß die Regeln kindgerecht ausgelegt und angewendet werden sollen. (2.2 Der Schiedsrichter berücksichtigt bei der Anwendung der FIDE-Regeln den Entwicklungsstand des Spielers und kann in begründeten Ausnahmefällen im Sinne einer altersgemäßen Handhabung von einzelnen Regeln abweichende Entscheidungen treffen.)
    Der Partieverlust für das betroffene Brett ist daher, meiner Meinung nach nicht richtig, zumal nicht in die Partie hineingeredet wurde. Eine Ermahnung an den „Flüsterer“ wäre zunächst ausreichend gewesen, zumal die Bemerkung bei den Spielern des betroffenen Brettes garnicht angekommen ist. Des weiteren hätte der Schiedsrichter durchaus auch den Betreuer der Gegnermannschaft einmal reglemetieren können, da er durch sein Verhalten schon mehrfach auffällig geworden war. Immerhin hatte sein Eingreifen störende Auswirkungen auf die laufenden Partien.
    Emotionen und die bloßen Regeln sind nicht immer in Übereinstimmung zu bringen. Deshalb ist es durchaus richtig, daß die „neutralen“ Regeln über den Emotionen stehen. In diesem Fall aber, kommen die Regeln in Form der Jugendspielordnung dem emmotionalen Empfinden etwas entgegen, weil man erreichen will, daß die Kinder und Jugendlichen lernen, daß zu den Spielregeln auch noch einige Wettkampfregeln gehören. Dieser Lernprozeß soll aber keine abschreckende Wirkung haben.

    Gruß Guido

  2. Wie Guido bereits schrieb, gelten grundsätzlich die Spielregeln. Die sollte ein Schiedsrichter natürlich kennen!
    Wenn ich die Situation richtig verstehe, war Silas wohl Spieler, der seine Partie schon beendet hatte, gilt also nach 11.4 als Zuschauer. Nach 12.5 hätte der Schiedsrichter einem oder beiden Spielern zusätzliche Bedenkzeit gewähren können, da das Hineinreden als externe Störung wahrgenommen werden könnte. Da beide Spieler aber von allem nichts mitbekommen haben, hätte der Schiedsrichter nach 12.6 wohl gar nicht erst in die Partie eingreifen dürfen.
    Am ehesten greift hier wohl 12.7 (Zuschauer dürfen sich nicht in Partien einmischen) , so dass der Schiedsrichter den Störer aus dem Turnierareal hätte verweisen können.
    Der Schiedsrichter hat also nach 12.9f gehandelt und die Partie für den zu Bestrafenden genullt. Der zu Bestrafende wäre hier aber wohl nicht der Spieler gewesen, der von dem ganzen wohl gar nichts mitbekommen hat, sondern der Zuschauer Silas.
    Zudem ist an dieser Stelle erwähnenswert, dass es auch die Punkte 12.9 a-e vorstehend gibt, die weniger gravierend gewesen wären, aber auch nicht den Verursacher Silas getroffen hätten. Demnach hat wohl auch der Schiedsrichter gegen die Regeln verstoßen.

    Meiner Meinung nach hätte der zu dem Zeitpunkt als Zuschauer geltende Zuschauer Silas wohl das Turnierareal verlassen müssen (hier stellt sich dann auch die Frage, ob er es als Spieler bei der nächsten Runde wieder hätte betreten dürfen?)

    Eine Frage, die mich in diesem Zusammenhang nun interessiert: wie kann man sich als Spieler davor schützen, dass Zuschauer/Mannschaftskollegen hinter dem Rücken über mögliche Züge diskutieren (man hat evtl. den Zug schon lange gesehen, rechnet sicherheitshalber aber noch mal nach)? Gut, einfach mal die Klappe halten wäre die logische Antwort, aber was ist, wenn einer wirklich mal hineinredet? (mit der Strafe wie bei dem U12-Turnier könnte man sich ja dann mal bei einem Bundesligakampf einen Spaß erlauben)

    Gruß Christian

  3. Hallo zusammen,

    ich erinnere mich zu gerne an die Schiedsrichterausbildung durch Herrn Löffelbein.
    Er sprach davon die „Verhältnismäßigkeit“ nicht aus dem Auge zu verlieren. “ Man treffe sich doch um Schach zu spielen“ so Löffelbein.
    Dem habe ich nichts hinzu zufügen.

    Grüße aus Drolshagen

    Andreas Schell

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