Tag 2898 – Von Kanonen und Spatzen

NRW-Liga-Mannschaftsmeisterschaft – 2.Runde:

Brett Bergneustadt/Derschlag Erkenschwick 0,5:7,5
1 Köllner, A (2089) IM Jens (2396) 0-1
2 Stümer (2023) FM Erwich, F (2365) 0-1
3 Chlechowitz (2138) IM Van Beek (2255) 0-1
4 Wang (2004) Langers (2217) 0-1
5 Michalik (2007) Krings (2162) 0-1
6 Linnenborn (1860) Homs (2148) remis
7 Weuste (1507) Strozewski (2005) 0-1
8 Khan (1589) Eggestein (1955) 0-1


Sicherlich leicht nachvollziehbar, dass es nach so einem Mannschaftskampf schwerfällt, etwas halbwegs Interessantes ‚zu Papier‘ zu bringen – denn sportlich gesehen, war das einfach nicht interessant.

Uns wurden schlichtweg in überzeugender Weise unsere schachlichen Grenzen aufgezeigt – sozusagen die ungeschminkte Wahrheit – schonungslos und bitter.

Das verleitet mich jedoch zu einer Ursachenforschung…
Wie kann es sein, dass es im Schach ab einer ‚bestimmten Stufe‘ so gravierende Unterschiede gibt, immerhin spielen viele von uns ja auch schon so 40-50 Jahre?

Ok, fangen wir ganz vorne an – was ist Schach? Eigentlich ist ja Schach nichts anderes als ein strategisches Fehlervermeidungsspiel, oder? Oh je, das klingt jetzt doch ein wenig abschätzig– drücken wir es positiver aus. Schach ist ein Präzisionsspiel und über Erfolg oder Misserfolg entscheidet ein Mix aus strategischer Intuition gepaart mit konkreter Kalkulation – oder anders: Erfahrung und Rechentiefe.

Bemühen wir noch einen Vergleich aus der Arbeitswelt, ohne die benannten Berufe in irgendeiner Weise bewerten zu wollen.

Der Metzger benötigt für sein Handwerk oftmals Säge und Beil – der Chirurg eher die feine Nadel und das Skalpell. Bemisst man die beiden Berufe in Bezug auf Präzision, so waren (sind) wir eindeutig die Metzger! 😉

Hm, hab‘ jetzt leichte Zweifel, ob meine Ursachenforschung wissenschaftlichen Kriterien standhält… 😉

Ihr merkt schon, ich schwafele herum, um nicht von der ‚harten Realität‘ berichten zu müssen – ok, sehen wir es als eine Art Traumatherapie. 😉

+++ gegen 10:20 Uhr – Fahrt zum Hackenberg +++
April im Oktober – knapp 20 Grad bei Sonne, Wolken, Regen – das Wetter spinnt. Und im Radio läuft Max Giesinger mit Lotte „Auf das, was da noch kommt…“  – tja, da muss man heute kein Prophet sein! Wir treten mit zwei Mann Ersatz gegen den Topfavoriten aus Erkenschwick an – was wird da wohl kommen? Meine Prognose – ein 1:7 – was sich im Nachhinein sogar noch als zu optimistisch erweist. 😉

+++ gegen 10:30 Uhr – Ankunft am Hackenberg +++
Was ist denn hier los? Alles voll! Keine Parkplätze! Hier muss wohl irgendwo eine Veranstaltung sein…
Etwas einsam im Regen stehend,  sehe ich dann unseren uns wohlbekannten Schiedsrichter Andreas Schell vom Nachbarverein Turm Drolshagen, ratlos den Eingang suchend – stimmt, ‚der‘ ist wirklich nicht so einfach zu finden, aber keine Sorge alsbald werden wir uns besser ‚bemerkbar‘ machen.

Klar, muss Andreas neutral bleiben, aber ‚irgendwo verborgen‘ hat er doch bestimmt ein bisschen für uns mitgefiebert, oder? Nachträgliches ‚Sorry‘, falls die Enttäuschung groß war…

+++ gegen 10:50 Uhr +++
Jetzt werden mit Paul, Andre und Jan-Eric erst einmal Tische gerückt, Bretter aufgebaut und Kaffee gekocht. Es ist angerichtet…

+++ kurz vor 11:00 Uhr +++
Pünktlich trifft ein erster Schwung frohgelaunter holländischer Spieler ein. In der Tat gibt es in Erkenschwick eine bemerkenswerte ‚deutsch-niederländische Connection‘. Von den 15 (!) gemeldeten Spielern der ersten Mannschaft, kommen 11 (!) aus unserem Nachbarland.

Insgesamt muss man schon sagen, dass mit Bergneustadt/Derschlag und Erkenschwick zwei ‚Schachwelten‘ aufeinandertreffen! Sowohl qualitativ, wie auch quantitativ – hier ein paar Eckdaten zu Erkenschwick: 1 GM, 6 IM, 1 FM – 115 Mitglieder und 7 aktive Mannschaften! Beeindruckend – dagegen sind wir halt nur ein mickriger Provinzverein – leider…

+++ 11:00 Uhr +++
Pünktlich wird begonnen – Andreas sei Dank! Na ja, es ist schon ein wenig deprimierend, dass selbst die ‚zweite Garnitur‘, mit der Erkenschwick antritt, uns haushoch überlegen ist. Das schwankt dann in ‚nackten Zahlen‘ zwischen 100 – 500 DWZ-Punkten Unterschied, an jedem Brett wohlgemerkt! Hier trifft nicht David auf Goliath, sondern Hulk auf Mickey Mouse! 😉

+++ gegen 14:00 Uhr – Zwischenstand: 0-1 +++
Brett 5: Christoph Krings (2162) – Friedhelm Michalik (2007) 1:0
Immerhin – ganze drei Stunden halten wir durch, ehe die erste Entscheidung fällt.
‚Eigentlich‘ sieht es bei Friedhelm gut aus, strategisch bleibt er über weite Strecken auf ‚Augenhöhe‘, doch so allmählich wird seine Königsstellung mehr und mehr aufgeweicht – sein wichtiger Fianchettoläufer kommt ihm ‚abhanden‘ und das gegnerische Läuferpaar macht auf einmal mächtig Dampf. Letztlich wird sein Turm mitten auf dem Brett gefangen.

+++ gegen 14:10 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 1,5 +++
Brett 6: Guido Linnenborn (1860) – Guust Homs (2148) remis
Ein dickes Ausrufezeichen setzt dann Guido – es sollte das Einzige an diesem Tag bleiben – leider…
Nichts Spektakuläres, nach vielen Abtäuschen und symmetrischer Bauernstruktur bleibt’s halt Remis. 😉

+++ gegen 14:15 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 2,5 +++
Brett 7: Frank Strozewski (2005) – Jan-Eric Weuste (1507) 1-0
Trotz Niederlage – ein dickes Kompliment an Jan-Eric!
Erstens stellt er sich mutig der Herausforderung ‚NRW-Liga‘ und zweitens bietet er seinem schier übermächtigen Gegner lange Paroli. Erst in aufkommender Zeitnot muss er sich einem starken Angriff beugen.

+++ gegen 14:30 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 3,5 +++
Brett 8: Tuhin Khan (1589) – Frank Eggestein (1955) 0-1
Gleiches Lob auch an Tuhin!
Ohne ‚Wenn und Aber‘ stürmt er auf seinen Kontrahenten Eggestein los und sein forsches Auftreten zwingt seinen Gegner zu präziser Verteidigungsarbeit. Doch bedauerlicherweise fusst Tuhins Angriff auf einem etwas tönernden Fundament, das einige Lücken hinterlassen hat. Sein Angriff wird neutralisiert und dem gegnerischen Konter kann er leider nicht standhalten.

+++ gegen 14:45 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 4,5 +++
Brett 2: Paul Stümer (2023) – FM Frank Erwich (2365) 0-1
Sehr scharf legt auch Paul seine Partie an und ‚gefühlt‘ war da mehr drin…

+++ gegen 15:00 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 5,5 +++
Brett 1: IM Jelmer Jens (2396) – Aaron Köllner (2089) 1-0
Echt schade – Aarons ausgezeichnete Vorbereitung wird leider nicht belohnt. Lange Zeit bringt er seinen ‚übermächtigen‘ Gegner tief ins Grübeln. Aber IM Jens meistert alle Hürden und als Aaron dann ein, zwei Ungenauigkeiten unterlaufen, schlägt Jens unbarmherzig zu und lässt Aaron keine Chance mehr.  Tja, wir merken mehr und mehr, dass die ‚Luft da oben sehr dünn ist’…

+++ gegen 16:00 Uhr – Zwischenstand: 0,5 – 6,5 +++
Brett 4: Andre Wang (2004) – Alexander Langers (2217) 0-1
Hm, vielleicht war es nur ein subjektiver Wunsch, aber Andres Partie macht am meisten Hoffnung. Erst in den Wirren der Zeitnot driftet seine Stellung in ein verlorenes Turmendspiel ab.

+++ gegen 17:00 Uhr – Endstand: 0,5 – 7,5 +++
Brett 3: IM Alexander Van Beek (2255) – Frank Chlechowitz (2138) 1-0
Zu ‚guter‘ Letzt meine Marathonpartie – die Chancen waren da…

Das nachträgliche Schulterklopfen einem IM sechs Stunden lang alles abverlangt zu haben, ist leider nur wenig tröstlich. Wenn man soviel investiert, möchte man am Ende natürlich auch mit ‚etwas Greifbaren‘ nach Hause gehen – es hat nicht sollen sein…

Tja, was soll man abschließend sagen? Da halte ich es mit Dragoslav „Stepi“ Stepanović: „…Lebbe geht weider…“ 😉

So far… 😉

2 Gedanken zu „Tag 2898 – Von Kanonen und Spatzen“

  1. Auch wenn es bitter ist muss ich ihnen sagen: GUT GESCHLAGEN!

    Man muss ja erstmal den Mut haben gegen so welchen starken Spieler zu kämpfen. Warum war den der Herr Christof Koellner verhindert wenn ich nach fragen darf. Mit ihm hättet ihr einen guten chancen auf mehr Wertvolle Brettpünktchen gehabt. Ganz viele Glück auf den nächsten Kampf.
    Der Ingo

    p.s Sie kennen mich glaube ich nicht ich bin aber oft ein Leser

  2. Hallo Frank,

    streng neutral ja klar, mit gefiebert ja, entäuscht – nein. Dafür müßte ich es erstmal besser machen (können).
    Wünsche Euch für die weitere Saison deutlich bessere Ergebnisse und den ein oder anderen (verdienten) Mannschafts-Punkt!
    Gruß aus Drolshagen
    Andreas

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