Tag 342 – Ein Spiel dauert 90 Minuten


Ein Spiel dauert 90 Minuten

Selten war die ‚immerjunge‘ Weisheit Sepp Herbergers zutreffender als im Zusammenhang mit ‚unserem‘ gestrigen Qualifikationsspiel gegen Schweden.

Ja, das hatte schon etwas von einer klassischen Tragödie – und dabei fing alles so gut an…

Was waren das für phantastische 60 Minuten!
Ein starkes Pressing, das jegliches Gegenspiel im Keim erstickte und zu frühzeitiger Balleroberung führte. Dann blitzschnelles Umschalten in den Angriff mit passsicherem Kombinationsspiel – man denke nur an das glänzend herausgespielte 2:0 – einfach Weltklasse!

Alles in allem – Tempofußball auf höchstem Niveau! Der Lohn – ein völlig verdientes 4:0!

Doch als nach einer Stunde, im Gefühl des sicheren Sieges, der Widerstand im Mittelfeld erlahmte und unsere Abwehr urplötzlich den ‚geballten schwedischen Mut der Verzweiflung‘ zu spüren bekam, nahm das Drama seinen Lauf…

Ein, bei allen Offensivqualitäten, behäbiger Jerome Boateng in der Rückwärtsbewegung, ein sichtlich überforderter Per Mertesacker, ein orientierungslos herumirrender Holger Badstuber und zu allem Überfluß ein völlig verunsicherter Manuel Neuer, offenbaren in erschreckendem Ausmaße die ‚Großbaustelle Abwehr‘.

Eines bleibt dennoch unerklärlich – ok, ein Doppelschlag wie zum 4:1 und 4:2 ist äußerst ärgerlich, aber spätestens da hätten bei allen Spielern die ‚Alarmglocken schrillen‘ müssen. Jetzt heißt es nicht mehr ‚Hacke, Spitze, 1, 2, 3‘, sondern ‚Ärme hochkrempeln‘ und kämpfen! Ja, in solchen Situationen wünscht man sich einen Lothar Matthäus oder Michael Ballack zurück, der seine Mitspieler kurz mal kräftig ‚zusammenstaucht‘, aber ok, das ist Geschichte…

Stattdessen, sozusagen als Höhepunkt der Peinlichkeiten, werden drei gelbe Karten wegen Zeitspiels kassiert und ein aussichtsreicher Freistoß über 80 Meter bis zum Torwart zurückgespielt – wie gräußlich!

Und da selbst das Quäntchen Glück, wie gegen Österreich, uns auch nicht mehr hold war, fiel tatsächlich das 4:4 in der 93.Minuten – unglaublich!

Ok, Enttäuschung und Spott sind jetzt groß, aber noch ist nichts Gravierendes passiert und deshalb bitte keine neuerlichen, unsäglichen Grundsatzdiskussionen.

Alle sollten aber das letzte Drittel des gestrigen Spiels als ernstzunehmenden Warnschuß verstehen – mit der Lehre: 60 Minuten – immer wieder! 30 Minuten – nie wieder!

In diesem Sinne – euer Schachfloh (als einer von 80 Millionen Bundestrainern) 😉